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Münchner Merkur 02.02.2021
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Neue Werke des Hamburger Malers Bernd Harms

Bernd Harms ist Geschichtenerzähler. Jedes seiner Bilder birgt ein Anliegen, dem er im künstlerischen Prozess nachgeht, das er vertieft und so verfremdet, dass man als Betrachter direkt angesprochen wird und sich zugleich viele Fragen stellt. Diese führen zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Bild, bis schließlich auch die eigene Geschichte in Form von Erinnerungen oder Traumbildern mit einfließt.

So in etwa formuliert es der Künstler, wenn er Auskunft erteilt, was sich hinter seinen Bildern verbirgt. Er lässt seine Werke selbst sprechen. Die Motive fängt er häufig auf Reisen ein. Er liebt es, Ungereimtheiten einzubauen, an denen man gerne Anstoß nimmt. Häufig behandelt er gesellschaftskritische Themen, die sich dem Betrachter aber erst nach und nach erschließen. Seinen zunächst gegenständlich wirkenden Arbeiten entzieht er jeglichen oberflächlichen Realismus, indem er sie häufig in fremdartiges Licht taucht oder sehr effektvoll eine fast schon magische Tiefenwirkung erzeugt, die den Betrachter anzieht.

Nach vielen Skizzen und Vorstudien zu einem Thema legt er die Leinwand in Acrylschichten an, bevor er das Motiv in Öl ausarbeitet. Die vielfältige Auseinandersetzung findet ausschließlich in den Vorarbeiten stattfindet. Ab einem bestimmten Punkt geht er sehr rasch an die Ausführung und zieht sie in einer Art Flow durch, ohne nochmals den Intellekt einsetzen zu müssen. Das verleiht den Kompositionen Spannung und zugleich eine schöne, spielerische Leichtigkeit.

Mehrere thematische Werkreihen erzählen die unterschiedlichsten Geschichten. Den größten Komplex nehmen dabei die Landschaften ein, die Bernd Harms zumeist mit leicht abstrahierter Architektur versieht. Neben halb verfallenen Gebäuden oder Industrieanlagen finden sich aber auch vermeintlich idyllische Ansichten. Immer erzeugen das Licht, der Himmel oder aus dem Kontext gefallene Gegenstände eine besondere Stimmung im Bild. Auch sind die Szenen menschenleer, die Häuser scheinbar verlassen. Menschen zeigt der Künstler nur als formatfüllende Portraits.

Umso bemerkenswerter ist das titelgebende Werk „Early Twenties Tango“, das eine Gruppe von Masken tragenden Gestalten in bunter Kostümierung zeigt, die theatralisch aus dem bühnenartigen Raum hervorkommen. Das Bild steht laut Bernd Harms „für die augenblickliche Situation aller freischaffenden Künstler. Dort verbirgt sich Hoffnung, Zuversicht, aber auch Zweifel und Not“. In dieser besonderen Ausstellung schließt er sich seinen Künstlerkolleg*innen an und tanzt auf der Bühne der Kunst, wenn auch vor derzeit leerem Zuschauerraum.

© Januar 2021 Dr. Ingrid Gardill, Kunsthistorikerin